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Fleischer Handwerk Magazin 01/2025

Für noch mehr Tierschutz

Die Bäuerliche Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall (BESH) nahm neben ihrer tierschutzgerechten Schlachtlinie für Schweine in Schwäbisch Hall eine neue erbaute tierschutzgerechte Rinderschlachtlinie in Betrieb.

Für die Investition in Höhe von 4,5 Mio. Euro erhielt die BESH 40 % staatlichen Zuschuss. Bei der Planung wurde zu allen Güterabwägungen dem Tierschutz Vorrang gegeben. Diese Schlachtstätte steht für den aktuellen Standard einer besonders tierschutzgerechten Rinderschlachtung.

Die Tiere werden von geschulten BESH-Mitarbeitern der bäuerlichen Mitgliedsbetriebe zum Schlachthof transportiert. Etwa gleich viele Bauern liefern Tiere mit eigenen Fahrzeugen an. Die Rinder kommen aus dem Landkreis Schwäbisch Hall und den angrenzenden Landkreisen. Insgesamt bündelt die BESH knapp 1.500 Bauern, davon haben etwa ein Drittel Rinderhaltung. Die Bauern profitieren mit der BESH von einem Abnehmer, der garantiert die Tiere mit Mehrpreis abnimmt. Die Haltungsformen sind ganzjährige Weidehaltung, Weidehaltung während der Vegetationsperiode; weiterhin Haltung im Freiluft- und Tretmiststall. Die häufigsten Rinderrassen sind Hohenloher Fleckvieh, Fränkisches Gelbvieh und die alte Rasse Limpurger Rind.

Die Einstallung

Mehrere bauliche und technische Besonderheiten dienen der Ruhe der Tiere. Denn: In den letzten Minuten vor der Schlachtung ist die Ausschüttung von Stresshormonen für alle Tiere hoch und damit nachteilig für die spätere Fleischqualität. Daher ist die Farbgebung des gesamten Lebendviehbereichs einheitlich grau. Böden, Abtrennungen, Türen, Kunststoffscharniere u. a. sind Ton-in-Ton in der gleichen Farbe. Dies war die Empfehlung der beratenden Tierärzte des „Beratungs- und Schulungsinstitut für Tierschutz bei Transport und Schlachtung“ (BSI Schwarzenbek). Auf den Böden der Gänge für die Rinder wurde alles vermieden, was zur Unruhe führen könnte. Es gibt keine Reflektionen von Licht, störenden Abflüsse, direkte Sonneneinstrahlung und kaum Schattenwurf auf dem Boden. Neben der für die Rinder beruhigenden Wirkung der einheitlichen Farbe wirkt die Ruhe dieses Schlachthofs positiv auf Tier und Mensch. Wo einst Eisentüren laut ins Schloss fielen, bewegen sich die Hängetore nun pneumatisch mit Druckluft. Selbst das bekannte Zischen der Druckluft findet außerhalb des Schlachthofs und damit ohne stressenden Einfluss auf die Rinder statt.

Zutrieb zur Betäubung

Gemeinhin nennt man diesen Weg „Treibgang“. Der Begriff stammt aus der Zeit, als das Treiben der Rinder zur Betäubung unvermeidlich war. Bei der BESH wurde es so gebaut, dass sie aus eigenem Antrieb gehen. Ihr Weg zur Betäubung hat eine definierte Linkskurve und eine leichte Steigung. Das schafft die natürliche Motivation vorwärtszugehen. Dazu ist der Gang so breit, dass zwar auch ein kräftiger Bulle durchpasst, sich aber auch eine schmächtige Färse nicht mehr umdrehen kann. Um das Risiko des Zurückgehens, das bei den nachfolgenden Tieren Stress auslösen könnte, komplett zu vermeiden, hat der Gang Rücklaufsperren. Diese Metallbügel fahren leise nach unten, wenn ein Rind den Bereich passiert hat. Dazu BESH-Vorstandsvorsitzender Christian Bühler: „Wir haben den Weg der Tiere bestmöglich vorgegeben. Zur Betäubung hin wird die Neugierde der Rinder geweckt. Zugleich wird alles vermieden, was ihnen Angst machen könnte.“ Auf manche Besonderheit, die das hohe Tierschutzniveau ausmacht, ist hinzuweisen:. Der Bodenbelag der „Treibgänge“ etwa ist aus Gussasphalt. Der Tierschutzvorteil: Dieser Boden ist geräuschärmer, man hört das Klappern der Hufe nicht so sehr. Dieser Bodenbelag nutzt sich aber schneller ab.

Der Betäubungsplatz: Die Voraussetzung für einen bei jedem Rind passgenauen Bolzenschuss ist die Kopffixierung: Dafür fahren hier gleichzeitig der Nackenhalter aus Kunststoff nach unten und die ausgeformte Kopfauflage aus Edelstahl nach oben. Das Rind kann den Kopf so in keine Richtung bewegen. So ist das Risiko einer Fehlbetäubung praktisch ausgeschlossen. Sollte es doch passieren, kann der Betäuber sicher in Sekundenschnelle einen zweiten Bolzenschuss absetzen.

Fazit: Diese Schlachthoferneuerung setzt einen neuen Standard für die tierschutzgerechte Rinderschlachtung. Ebenso wichtig ist Christian Bühler ein weiterer Fortschritt: „Neben dem Schutz der Tiere hat das Wohl der hier arbeitenden Menschen Bedeutung. Die Arbeitshöhen müssen etwa so sein, dass keine übermäßigen Belastungen auf den Muskel-Skelett-Apparat erfolgen. Mehrere unserer besten Metzger sind hier beschäftigt. Wir wollen mit dem Neubau diese Arbeitsplätze noch attraktiver machen.“

Seit der Inbetriebnahme der neuen Rinderschlachtlinie haben viele Fachbesucher aus dem Fleischerhandwerk den Schlachthof besucht und sich die neuesten Erkenntnisse für tierschutzgerechtes Schlachten erklären lassen. Die BESH lädt Fleischerinnungen, Erfa-Kreise, andere Gemeinschaften des Metzgerhandwerks sowie einzelne Fachbesucher ein, sich alles ganz genau anzusehen (Terminvereinbarungen: Samuel Rüger, Leiter Premiumprojekte BESH, Tel. 0174-8 89 67 63).

www.besh.de

Historie Schlachthof Schwäbisch Hall

  • 1958/60: Bau des städtischen Schlachthofs Schwäbisch Hall
  • 1988: Gründung der BESH, diese mietet sich im städtischen Schlachthof ein
  • 2001: BESH gründet die „Erzeugerschlachthof Schwäbisch Hall AG“ und erwirbt den ehemaligen städtischen Schlachthof um ihn vor Stilllegung und Schließung zu bewahren. Jeder Bauer zeichnet eine Aktie, angespart durch Tierlieferungen. Heute sind 92 % im Besitz der Hohenloher Bauern, 8 % Streubesitz von Metzgern und Kommunen.
  • 2002-2010: Sanierung und Ausbau des Erzeugerschlachthofs für alle Zulassungen wie EU/IFS/QZBW/sämtliche Bio-Zulassungen
  • 2014: Zwei Hektar Fläche mit Hallenbebauung werden dazugekauft und vervollständigen das Areal. Das Prinzip der vollständigen Verwertung „From-nose-to-tail“ wird umgesetzt
  • 2019: Planung (mit BSI Schwarzenbek) für „Tierwohl Plus“ als Tierwohlschlachthof mit höchstem Tierschutzstandard.
  • August 2024: Inbetriebnahme des Erweiterungsbaus für eine tierschutzgerechte Rinderschlachtung neben der tierschutzgerechten CO2-freien Schweineschlachtlinie.